Aus Ennendaner Altbrot wird Glarner Gin gebrannt

Aus Ennendaner Altbrot wird Glarner Gin gebrannt

Nach dem Glarner Alpenbitter und dem Martinsloch-Whisky gibt es eine neue Spirituose aus dem Glarnerland. Ein Gin, der aus Brotresten aus Ennenda hergestellt wird. Ein Zeichen gegen Foodwaste.

 

Die Abfüllmaschine surrt gleichmässig vor sich hin. Hans Jenny greift nach einer der bauchigen Glasflaschen, die links von ihm auf der Arbeitsfläche aus Chromstahl bereitstehen. Von unten drückt der Bäcker-Confiseurmeister sie mit dem Hals an den Abfüllrüssel, ein dünner Gummischlauch mit Ventil. Innert wenigen Sekunden füllt sich die Flasche mit der klaren Flüssigkeit, die es in sich hat: 43 Volumenprozente Alkohol – ein Gin, hergestellt aus Brotresten.

«Cornetto»-Inhaber Hans Jenny hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst wenige der am Abend übrig gebliebenen Produkte wegwerfen zu müssen. Sie werden stattdessen von den Mitarbeitenden nach Hause genommen, der Lebensmittelhilfe «Tischlein deck dich» gespendet oder zu Schweinefutter verarbeitet. Als vierte Variante gegen Foodwaste – das Verschwenden von Lebensmitteln – trocknet Jenny nun einen Grossteil des Altbrots für die Gin-Produktion. «Vom Früchtebrötli über den Butterzopf bis hin zum Laugengipfeli eignen sich dafür alle Brotsorten», sagt Jenny.

 

Eine Ferienentdeckung
Bauch an Bauch reihen sich inzwischen mehrere Dutzend gefüllte Halbliter-Flaschen auf der Arbeitsfläche aneinander. Bevor sie Hans Jenny mit Korkzapfen verschliesst, sorgt er mit einem speziellen Portionierungstrichter dafür, dass überall dieselbe Menge drin ist – exakt am unteren Ende des kurzen Flaschenhalses. Über die schwarzen Korken kommen schliesslich noch Plastikhütchen. Durch das Erhitzen in einem heissen Hohlzylinder schmelzen sie und verschliessen die Flasche luftdicht. Einen eigenen Gin aus Brot herzustellen, dazu liess sich Hans Jenny vor gut zwei Jahren in den Sommerferien im Südtirol inspirieren. «Bei einem ansässigen Bäcker lernte ich den Altbrot-Gin kennen», erzählt Jenny, der selbst gerne Gin mit Tonic Water trinkt. Zurück im Glarnerland ging Hans Jenny mit dieser Idee im Kopf auf den Molliser Schnapsbrenner Martin Pianta zu, der kurz darauf mit verschiedenen Aromen zu tüfteln begann. Nach einigen Wochen stand das Gin-Rezept fest: Neben der Beere des Wacholderstrauchs, die Hauptkomponente eines jeden Gins, wurden unter anderem Enzianwurzel, Vanille, Anis und Kurkuma verwendet. «Insgesamt sind es über 20 pflanzliche Extrakte», so Jenny.

 

Eine ruhige Hand ist gefragt
Für die erste Gin-Produktion wurden 700 Kilogramm Altbrot verwendet. Diese Menge sammelte sich während knapp acht Wochen in den drei «Cornetto»-Filialen an. Aus dem Brot setzt Pianta in seiner Brennerei in Mollis eine Maische an, die rund drei Wochen gärte. Nach dem Brennen wurden dem Brand die Aromen beigefügt, der danach rund vier Monate in einem Chromstahltank lagerte. Abschliessend wurde der hochprozentige Brand noch mit destilliertem Wasser auf den gewünschten Alkoholgehalt verdünnt. Das Ergebnis: 130 Liter des ersten Jahrgangs Altbrot-Gin aus Ennenda. Und der zweite ist bereits in Planung. Ende Oktober soll dessen Maische angesetzt werden. «Dann aber mit einer grösseren Brotmenge», so Jenny.

Als letzter Arbeitsschritt nach dem Abfüllen und Verschliessen der Flaschen klebt Jenny vorsichtig die dunklen, mit Goldfolie geprägten Etiketten auf. Flasche für Flasche legt er dafür seitlich auf ein Küchentuch. Am Ende werden es gut 300 Stück in vier Grössen sein.

Offiziell vorgestellt wird der Glarner Brotgin heute um 17 Uhr in der «Rollbar» im Volksgarten in Glarus. Dabei wird nicht nur gelüftet, was hinter dessen Namen steckt, sondern auch wie sein Inhalt den Gin-Liebhabern mundet.

 

Quelle: Südostschweiz vom 17.9.20, Bericht von Marco Lüthi